Freitag, 17. Mai 2024

Hoffnung, obschon Eltern durch Nazis starben

Jochen 'Jack' Wurfl hat eine eindrückliche Geschichte.
Seine Eltern starben durch die Nazis. Trotz des unvorstellbaren Verlustes kämpften Jochen Wurfl und sein Bruder weiter. Heute spricht er von «einem gesegneten Leben».

Als Adolf Hitler 1938 die Nazis ihre eisernen Krallen in Österreich ausfahren liess, floh die Familie nach Berlin zu den Grosseltern. «Mein Vater war katholisch, meine Mutter jüdisch», erinnert sich Jochen Wurfl.

Dann wurden die Menschen in Berlin «abgeholt»: «Es war, als würden jeden Tag Nachbarn oder Freunde verschwinden. Sie wurden mit Zügen in den Osten geschickt.» Man war entweder in der Hitlerjugend oder kam ins Konzentrationslager.

Sein Grossvater kannte eine Frau, die ein Ferienlager an der Nordsee leitete. «Für uns war sie Tante Irma.» Sie wusste, dass Jochen und sein Bruder Juden waren. «Oft kam die Gestapo oder die SS ins Lager, um zu sehen, wer da war. Sie fragten auch nach uns beiden. Tante Irma konnte sich immer aus der Affäre ziehen. Sie sagte einfach, dass sie uns adoptiert hatte. Und wir kamen zu Tante Irmas Kindern, die schon in der Hitlerjugend waren.»

Vater wird ins Konzentrationslager gebracht

Etwa drei bis vier Jahre lebten Jochen und sein Bruder an der Nordsee. Sie halfen auf einem Bauernhof und pflügten mit Pferden die Felder. «Wir hatten keine motorisierten Geräte, Benzin hätten wir sowieso nicht bekommen, weil der Treibstoff ans Militär ging.»

Der Vater arbeitete für den österreichischen Bundespräsidenten und wurde mit dem Zug in ein Konzentrationslager gebracht. Die Mutter zog aus Sicherheitsgründen in die Tschechoslowakei. Doch als Hitler sich auch dieses östlichen Nachbarlandes bemächtigte, kehrte sie nach Berlin zurück, mietete eine kleine Wohnung und sagte: «Ich möchte meine Söhne wenigstens für eine Weile hier bei mir haben.»

Letzte Begegnung mit Mutter

Als Jochen und sein Bruder eines Tages nach Hause kamen, sahen sie Gestapo- und SS-Fahrzeuge vor dem Haus stehen. Da in dem Haus viele Menschen wohnten, wollten die beiden nur warten, bis Hitlers Schergen abgezogen waren. «Plötzlich kam die Gestapo mit meiner Mutter aus dem Gebäude, setzte sie in eines ihrer Autos und fuhr davon.»

Nach drei Tagen erfuhren die beiden, in welches Gefängnis ihre Mutter gebracht worden war. Sie gingen hin, «es waren viele Wachen da, aber niemand achtete auf zwei kleine Kinder».

Sie fanden die Zelle ihrer Mutter – sie sagte: «'Jungs, seid gut in der Schule. Lernt so viel wie möglich. Ich weiss, dass ihr mich liebt, und ich liebe euch. Ich möchte, dass ihr sofort geht, denn ich habe Angst, dass ihr verhaftet und weggebracht werdet.' Danach haben wir Mutter nie wieder gesehen. Sie wurde nach Auschwitz gebracht und dort ermordet.»

Auch der Vater stirbt

Später wurde sein Vater in ein anderes Konzentrationslager an der Grenze zu Österreich gebracht. «Vater war gesund und wog 80 bis 85 Kilo. Als er von den Amerikanern befreit wurde, wog er noch etwa 42,5 Kilogramm.» Seine Lunge war geschädigt. «Er konnte nur noch kurze Zeit durchhalten...»

Trotz dieses unbeschreiblichen Verlustes suchte Jochen Wurfl weiter nach Gottes Willen und seinem Platz in dieser Welt, hält «Jesus Calling», die Website einer  bekannten Andachtsbuchreihe, fest.

Drei Jahre später konnten die beiden in die USA auswandern. «Aus Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zu kommen, war ein grosser Unterschied.»

Während des Koreakrieges wurde auch Jochen in die US-Armee eingezogen. «In den Akten stand, dass ich Deutsch spreche, und so wurde ich als Dolmetscher nach Deutschland geschickt.» Ein Glücksfall. «Etwa ein Drittel der Leute, mit denen ich die Grundausbildung gemacht habe, sind nicht mehr aus Korea zurückgekommen.»

Befreiung gefeiert

Als sich der D-Day zum zehnten Mal jährte, wurde er gebeten, mit den Ehrengarden der alliierten Länder zu marschieren. «Wir marschierten an Churchill, Eisenhower und de Gaulle vorbei. Als ich zwölf Jahre alt war und noch in Deutschland lebte, hatten wir gehört, dass die Truppen erfolgreich in der Normandie gelandet waren.»

Damals in grösster Gefahr, erlebte Jochen nun die Befreiungsfeier. «Jetzt, Jahre später, war ich dabei, als in der Normandie die erfolgreiche Invasion gefeiert wurde. Die Sonne ging über dem Ärmelkanal auf und wir standen da, senkten die Flaggen und hörten den Gezeiten zu. Es war einfach ein unglaubliches Erlebnis.»

Ein Leben voller Dankbarkeit

Als Versicherungsvertreter konnte er sich ein gutes Leben aufbauen. «Irgendwann, ich glaube nach 20 oder 30 Jahren, gehörten wir zu den 200 grössten Versicherungsagenturen des Landes.»

Ausserdem habe er ein «wunderschönes Mädchen geheiratet, sie war einmal Miss El Salvador. Wir haben drei Töchter, Odette, Dana und Lisa.»

Trotz seiner extrem schwierigen frühen Jahre fühlt er sich gesegnet. Bei «Jesus Calling» gab er kürzlich einen bewegenden Einblick in sein Leben, das er nun auch in seinem Buch «My two Lives» («Meine zwei Leben») ausführlich beschreibt. Ausserdem äusserte er sich beim christlichen Fernsehsender «CBN» unlängst kritisch gegenüber den anti-jüdischen Angriffen der Hamas.

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Autor: Jesus Calling / Daniel Gerber
Quelle: Jesus Calling / Übersetzt und bearbeitet von Jesus.ch

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